Sehr geehrte Eltern und Erziehungsberechtigte,
an dieser Stelle finden Sie Überlegungen dazu, wie Sie mit juristischen
Mitteln etwas gegen den Stundenausfall an den Öffentlichen Schulen tun
können. Diese Überlegungen gehen davon aus, daß der Staat den Stundenausfall
auch in den kommenden Jahren weiterhin - wenn vielleicht auch ungewollt - in
Kauf nehmen und nicht ändern wird. Da die Öffentliche Hand also nicht aktiv
werden wird, liegt es bei den Eltern und Erziehungsberechtigten, etwas gegen
den Stundenausfall und seine Folgen zu tun. Die juristischen Möglichkeiten
aufzuzeigen, setzen sich die nachfolgenden Überlegungen zum Ziel.
Ihre Fragen und Interessen allgemein zum Thema Schulrecht und
insbesondere zum Thema Stundenausfall an den Schulen erwarte ich gerne
per eMail.
Stundenausfall an der Schule -
Privatunterricht auf Kosten des Landes Berlin ?
Vorbemerkung:
Dieser Artikel stellt zwar auf das Land Berlin ab, gilt aber entsprechend
für alle Bundesländer.
Den Stundenausfall an der Schule haben schon die Eltern kennengelernt.
Den Schülern damals wie heute ist Stundenausfall zwar willkommene Freizeit.
Die Eltern und Erziehungsberechtigten wissen aber, daß ein verkürzter
Unterricht hinter dem Bildungsziel zurück bleibt und verkürzte Bildung
bedeutet, die wiederum die Lebenschancen beeinträchtigt. Das ist zum
Beispiel bei Fächern wie Mathematik, Naturwissenschaften, Deutsch und
Englisch ohne weiteres offensichtlich.
Die Gründe für Stundenausfall sind seit vielen Jahren unverändert: Lehrer
und Lehrerinnen fallen aus wegen Erkrankung, Mutterschutzzeiten oder sind
sonst verhindert. Sparmaßnahmen in den öffentlichen Haushalten wirken sich
nachteilig auf die Unterrichtsversorgung aus. Es wurden in der Vergangenheit
zu wenige Lehrer eingestellt und so reicht das heute vorhandene Personal
nicht aus, die Stunden in der vorgesehenen Zahl zu erteilen. Früher einmal
mochte es sich bei dem Stundenausfall um eine mehr oder weniger und bei
dieser oder jener Schule gelegentlich anzutreffende und vorübergehende
Erscheinung handeln.
Das ist aber heute grundsätzlich anders. Heute handelt es sich bei dem
Unterrichtsausfall und beim verkürzten Unterricht um eine alle Schulen
betreffendes und dauerhaftes, politisch zwar nicht gewolltes, aber doch
politisch planmäßig in Kauf genommene Erscheinung. Seit Jahren verursacht
der Staat Einschränkungen in der Unterrichtsversorgung, die die Grenze des
den Schülern und den Eltern Zumutbaren schon längst überschritten hat.
Wenn schon die Politik diesen Zustand nicht ändern will, stellt sich die
Frage, ob nicht Eltern und Erziehungsberechtigte mit juristischen Mitteln
gegen den verkürzten Unterricht vorgehen können ? Um es an dieser Stelle
vorweg zu nehmen: sie können tatsächlich. Eine Möglichkeit soll hier
dargestellt werden. Es handelt sich darum, daß Eltern und
Erziehungsberechtigte ihren Kindern ersatzweise Privatunterricht erteilen
lassen und sich die Kosten für diesen vom Staat erstatten lassen.
Für den Fall, daß die Schulbehörde den Unterrichtsausfall nicht behebt,
steht Eltern und Erziehungsberechtigten ein Schadensersatzanspruch zu.
Dieser Anspruch ergibt sich aus Amtspflichtverletzung (§ 839 Bürgerliches
Gesetzbuch und Artikel 34 Grundgesetz). Die für den ausgefallenen
Unterricht verantwortlichen Beamten verletzen ihre Amtspflichten zur
Sicherung der Bildung der Schüler, weil diese das Bildungsziel zum Ende der
Jahrgangsstufe oder gar zum Ende des Bildungsgangs nicht, jedenfalls nicht
auf dem den Qualitätsanforderungen entsprechenden Niveau erreichen können.
Der Anspruch auf Schadensersatz ist gegen den Staat als Dienstherrn der für
den Unterrichtsausfall verantwortlichen Beamten in der Schulverwaltung zu
richten; das wäre etwa das Land Berlin. Die Höhe des Schadens besteht in dem
Entgelt, das die Eltern und Erziehungsberechtigten für den ersatzweise
erteilten Privatunterricht ihrer Kinder zu zahlen haben.
Soweit ersichtlich, haben Eltern bislang nicht
versucht, ein Entgelt für ersatzweise erteilten Privatunterricht als
Schadenersatz vom Staat zurück zu verlangen. Für diese Vorgehensweise gibt
es aus diesem Grunde gegenwärtig noch keine Erfahrungen.
Die Vorgehensweise ist aber juristisch gesehen
schon jetzt vorgegeben und besteht aus vier Schritten:
1. Schritt
Im ersten Schritt muss zunächst der Schulverwaltung verbindlich und unter
Androhung der Geltendmachung des Ersatzanspruches für die Kosten des
Privatunterrichtes Gelegenheit gegeben werden, die Engpässe in der
Unterrichtsversorgung kurzfristig/mittelfristig zu beheben. Die Schule ist
verpflichtet, Eltern und Schüler über den weiter drohenden
Unterrichtsausfall und über konkrete geplante Gegenmaßnahmen zu
informieren.
Die Schulverwaltung wird die Engpässe in der Unterrichtsversorgung
erwartungsgemäß nicht beheben können oder wollen.
2. Schritt
Es kommt daher im zweiten Schritt zu einer Beauftragung von
Privatunterricht durch die Eltern und Erziehungsberechtigten für ihre
Kinder. Hier müssen die Eltern darauf achten, nur solche Lehrer mit dem
Privatunterricht zu beauftragen, die die Befähigung zum Lehramt an
Öffentlichen Schulen haben. Weiterhin muss der private Ersatzunterricht
nachweislich den ausgefallenen Unterricht zum Gegenstand haben. Schließlich
muss das Entgelt für den Privatunterricht angemessen sein. Eltern und
Erziehungsberechtigte können überlegen, ob nicht mehrere Schüler
gleichzeitig unterrichtet werden, was dann das von den einzelnen Eltern zu
zahlende Entgelt für den Privatunterricht senkt.
3. Schritt
Im dritten Schritt wird die Schulverwaltung bzw. das Land aufgefordert,
die verauslagten Kosten an die Eltern zu erstatten; dieses wird
erwartungsgemäß verweigert werden.
4. Schritt
Im vierten Schritt kommt es zu einer Zahlungsklage vor Gericht. Im
Ergebnis dieser Klage müsste das Land Berlin zur Erstattung des Entgeltes
für Privatunterricht verurteilt werden.
Kläger sind die Eltern, weil sie mit den Kosten des Privatunterrichtes
belastet sind. Diese können einzeln klagen. Die Elternvertretung einer
Schule kann hingegen nicht klagen, weil eine solche Klage nicht Gegenstand
des gesetzlichen Auftrages der Elternvertretung ist. Es ist jedoch denkbar
daß Eltern einen privaten Verein gründen, der die gezahlten Entgelte für den
Privatunterricht für die Eltern einklagt.
Die Erfolgsaussichten sind zwar gut; Zahlungsklagen sind aber wegen der
leeren öffentlichen Kassen offensichtlich politisch völlig unerwünscht.
Daher wird es zunächst zu Abweisungen von Klagen kommen. Wenn die ersten
Urteilsbegründungen vorliegen, werden gleichzeitig auch Erfahrungswerte
vorliegen, die zu erfolgreichen weiteren Klagen führen können. Dieses
Ergebnis kann etwa ein Jahr nach den ersten eingereichten Klagen vorliegen.
Der Unterrichtsausfall und der damit verbundene verkürzte Unterricht
sowie die Verfehlung des Bildungszieles wird auch weiterhin nur Gegenstand
von politischen Lippenbekenntnissen bleiben. Änderung dieses Zustandes setzt
daher Initiative der Eltern und Erziehungsberechtigten voraus. Den möglichen
Gegenstand einer solchen Initiative und seine Erfolgsaussichten aufzuzeigen
ist der Gegenstand dieses Artikels.
Mich interessieren Ihre
Meinung und
Ihre Fragen zu diesem Artikel!